Im Winter erwischt man die Vögel am besten am Meisenknödel, der unweit vom Küchenfenster aufgehängt wird. Die Amsel ist dabei, der Buchfink ebenso und verschiedene Meisenarten.

Noch ein Hinweis in eigener Sache: Die Bestimmung der Arten ist mitunter sehr schwierig. Ist mir ein Fehler unterlaufen, so würde ich mich über einen Hinweis sehr freuen.

Die Goldammer

Der erste neue Gast des Jahres 2023 ist die Goldammer (Emberiza citrinella). Wir konnten sie im Garten unterhalb der Stelle beobachten, wo im Gesträuch die Meisenknödel hängen. Die Goldammer aber bleibt am Boden und nimmt die herunter gefallenen Körner auf. Sie war allein, was wohl eher ungewöhnlich ist und sie war sehr ausdauernd. So konnte ich sie etwa 30 Minuten in aller Ruhe beobachten und auch fotografieren. Manche Gäste wissen einfach, was sich gehört.

Oder liegt es daran, dass die Ammer mit ihrem zitronengelben Gefieder hinreichend eitel ist? Sie wirkte eher etwas verhuscht, mit ihrem gegen die Kälte aufgeplustertem Federn und sie duckte sich immer wieder in die Herbstblätter, wenn andere Vögel aufflogen. Wie die Amsel zum Beispiel, die meist ebenfalls am Boden bleibt, aber auch versucht, den Meisenknödel direkt anzugehen. Ebenfalls am Boden bleiben die Buchfinken, die hier immer mal wieder auftauchen.

Goldammer nimmt am Boden liegendes Vogelfutter auf.
Goldammer nimmt am Boden liegendes Vogelfutter auf.

Der Kohlmeise

Sie tritt meistens im Trupp an, gern am Vormittag, ganz so, als gäbe es feste Zeiten für den Besuch der Futterstation. Meistens sind sie zu dritt und während zwei am Knödel hängen, passt die dritte Kohlmeise auf. Vom Specht lässt sie sich verdrängen, der Kleiber teilt tüchtig aus, ansonsten sind die Kohlmeisen die Macht im Garten. Im Sommer findet man sie gern am späteren Nachmittag im Vogelbad, wo sie ausgiebig ihr Gefieder säubert. Insekten und Spinnen stehen auf ihrem Speiseplan, im Winter nimmt sie Körner, vor allem wenn sie in Talg oder Fett enthalten sind. Im Vergleich zur Blaumeise, zur Weidenmeise  und zur Schwanzmeise ist sie der häufigere Gast im Garten. Der Kohl im Namen der Meise hat nichts mit dem Wintergemüse zu tun, rührt vielmehr vom „kohle-schwarzem“ Gefieder am Kopf und am Brustband her.

Vogel mit gelber Brust, teilweise schwarzem Kopf sitzt auf einem Zweig
Kohlmeise auf einem Ahorn

Die Weidenmeise

Die Weidenmeise (Parus montanus) scheint ein neuer Gartengast zu sein, dabei sind sie nicht besonders selten. Die Art profitiert davon, dass die Wälder nicht mehr so „aufgeräumt“ sind und sich genügend Totholz als Nistmöglichkeit anbietet. Na, in diesem Jahr wurde im Wald gesägt, der Chor der Kettensägen war unüberhörbar, seit feststand, dass Gas und Öl furchtbar teuer werden.

Die Weidenmeise erkennt man an den tief in den Nacken gezogenen schwarzen Kopffleck (Kopfplatte), die einer Vokuhila-Frisur ähnelt (vorne kurz, hinten lang, 80er Jahre-Phänomen, die SZ bescheinigt dem Schnitt „eine vulgäre Praktikabilität (freie Sicht nach vorne, warme Decke im Nacken)“.

Zurück zur Meise. Sie ist selten allein, nimmt ein paar Körner auf und ist dann schnell wieder verschwunden. Das Vogelfutter hängt seit drei Tagen und wurde als erstes von den Kohlmeisen entdeckt. Die Weidenmeise ernährt sich von kleinen Insekten und Spinnen, nimmt auch den Saft des Ahorn auf, von dem es hier genügend gibt.

Vogel sitzt an Vogelfutterbehälter und schaut nach unten
Abflug – nach wenigen Sekunden zischt die Weidenmeise wieder ab

Arten im Garten – was steckt dahinter?


Der Kleinspecht

Holla, der Buntspecht ist aber klein geraten?! Die erste Sichtung des Kleinspechts (Dryobates minor) zeugte von einer gnadenlosen Unwissenheit meinerseits. Denn der gesichtete Specht war mitnichten ein „Bunter“, sondern der Kleinspecht. Der misst etwa 15 Zentimeter und der erste Anflug an den Ahorn endete relativ unsanft. Dann aber bewegt er sich flink und sicher wie auch der Kleiber.

Der Kleinspecht ist selten zu sehen, weil er sich vornehmlich in den Baumkronen aufhält. Dort sucht er zum Beispiel Blattläuse oder andere kleine Insekten. Nachdem er, scheuer als der Buntspecht, am Meisenknödel gepickt hat, fliegt er im typischen „Bogenflug“ der Spechte davon. Seine Besuche waren regelmäßig, als hätte er die Uhr gestellt. Wir sind gespannt, ob der Kleinspecht wiederkommt. Zumindest im Winter 2022 auf 2023 haben wir ihn leider nicht zu Gesicht bekommen.

Kleinspechte „frieren ein“: Konkurrenten sitzen sich am Stamm gegenüber, bewegen sich nicht, aber die Kopffedern sträuben sich und die Schwingen werden angespannt. Bis einer die Nerven verliert und wegfliegt…
Vogel mit schwarz-weiß gemustertem Federoberkleid am Meisenknödel
Kleinspecht bei der Winterfütterung

Der Buntspecht

Im Gegensatz zu seinem Verwandten, dem Kleinspecht, ist der Buntspecht nicht nur am Hinterkopf sondern auch am Bauch mit einem auffälligen roten Fleck ausgestattet. Der Specht ist regelmäßig zu Gast, fliegt vom Waldrand an und macht am Ahornstamm einen Zwischenstopp. Da er den Stamm hoch anfliegt, hoppelt er in Spechtmanier den Stamm runter, bis der den Meisenknödel auf Augenhöhe hat. Der wird dann angesprungen und mit kräftigen Hieben zerhackt. Teile davon landen auf der Erde und werden dort von der Amsel oder dem Rotkehlchen aufgenommen. Der Specht ist auch im Winter 2022/23 ein zuverlässiger Besucher unseres Gartens, manches Mal sind sie zu zweit.

Im Frühjahr "ringeln" Specht die safttragenden Bäume, picken Löcher oft in mehreren Reihen übereinander, um den Baumsaft aufzunehmen.
Vogel mit rotem Fleck am Hinterkopf und roter Bauch-Unterseite
Der Buntspecht kam regelmäßig zu Besuch

Der Kleiber

Der Kleiber (Sitta europaea) war uns bis auf wenige zufällige Sichtungen im Wald unbekannt. Ihn als Gast begrüßen zu dürfen ist uns daher ein Vergnügen. Der Kleiber wirkt ein wenig wie ein „Spaßvogel“, mit seiner Maske, die auch die Blaumeise so ähnlich um die Augen hat und seiner Angewohnheit, gern kopfüber am Meisenknödel zu hängen.

Der Kleiber hat seinen Namen vom „kleben“, schmiert er doch die Nestlöcher von Spechten oder anderen Vögel gern mit Lehm zu. Sollten die dann wegen Mietmobbing ausziehen, freut sich der Kleiber über ein gemachtes Nest. Das Verhalten passt irgendwie zu diesem „Cleverle“. Sein Schnabel ist stark genug, auch größere Nüsse zu knacken, die dazu gern in eine Astspalte eingeklemmt werden. Im Gegensatz zum Specht kann der Kleiber kopfüber den Baum herunterklettern

Kleiber sitzt am Meisenknödel
Kleiber bei der Winterfütterung

Das Rotkehlchen

Neben den Meisen, Amseln und Finken findet sich regelmäßig das Rotkehlchen bei uns ein. Zuerst am Grund auf der Suche nach Körnern, dann fliegt es aber auch gern zum Meisenknödel. Es ist sehr selbstbewusst und lässt sich von den Meisen nicht abhalten. Typisch ist das Schlagen mit den Flügeln und das Heben des Schwanzes, ohne sich von der Stelle zu rühren. Rotkehlchen haben eine geringe Fluchtdistanz und lassen sich daher auch gut fotografieren. Sie sollen sich wie Amseln und andere der Technik des „Einemsens“ bedienen. Dabei nehmen sie Ameisen mit dem Schnabel auf und ziehen sie durch das Gefieder. Möglicherweise sorgt die Ameisensäure für eine Reinigung von Parasiten.

Den Germanen galt der Vogel als Begleiter des Thor, weil seine rote Brustfarbe an die roten Blitze des Donnergottes erinnerten. Das Nest des Vogel durfte nicht zerstört werden.

Mit dem Rotkehlchen als Versuchstier konnte der „Magnetsinn“ nachgewiesen werden, der es Zugvögeln erlaubt, ohne Sichtmarken und im Dunkeln den Weg zu finden.

Vogel mit rotem Brustfleck schaut in die Kamera
Rotkehlchen im Winter

Der Gimpel

Den Gimpel als Gartengast aufzuführen ist zwar korrekt, aber er ist eher selten und dann in der Kulisse anzutreffen. Meist hält er sich im Hintergrund, sitzt für ein paar Sekunden auf einem Zweig in der Sonne, gern am späteren Nachmittag und ist dann auch schon wieder verschwunden. Seite rote Unterseite fällt in den winterkargen Bäumen auf, der Beiname „Dompfaff“ erinnert an die rotgekleideten geistlichen Domherren. Der Gimpel gilt als „Simpel“, weil er sich leicht vom Ruf eines gefangenen Artgenossen locken ließ. Dies und seine Könnerschaft, in Gefangenschaft Melodien zu erlernen, haben im 19. Jahrhundert die Zucht und Handel mit Gimpel zu einem blühenden Geschäftszweig gemacht. Der Gimpel ist nicht als gefährdet oder selten. Seine Eigenschaft, sich vor allem in dichten Sträuchern zu verstecken, machen ihn zu einem selten gesehenen Vogel.

Otfried Preußler erzählt in seinem Kinderbuch, dass der Zauberer Zwackelmann den Räuber Hotzenplotz in einen Gimpel verwandelt.
Der Gimpel (Dompfaff) im Geäst
Gimpel (Dompfaff) im Garten

Die Blaumeise

Gut, der Specht ist größer und der Eichelhäher stärker. Aber die Blaumeise ist trotzdem Chef am Futterring, lässt sich von kaum einem Gast abhalten, die Körner rauszupicken, wenn ihr danach ist. Sie ist selten allein da, meist sind noch zwei bis drei weitere Blaumeisen im Gefolge. Während die eine futtert, putzen die anderen ihre Schnäbel und warten auf ihren „Slot“ für den Landeanflug. Man findet sie aber auch allesamt zur gleichen Zeit am Knödel. Die Blaumeise ist sehr virtuos, ihre Konkurrentin ist die größere Kohlmeise. Von den neu geborenen Blaumeisen überlebt allenfalls ein Viertel das erste Jahr. Marder, Specht, aber auch das Wetter zählen zu ihren Feinden.

In den 1950er Jahren beobachtete man in England, wie Blaumeisen die Stannioldecken der Milchflaschen öffneten, um sich dann an der Milch zu erfreuen.

Wie die Süddeutsche Zeitung am 17.8.2022 meldete, scheint die Blaumeise im Zuge der Klimaveränderung ihre leuchtende Farbe zu verlieren: je wärmer, desto blasser.

Blaumeise im Sonnenschein am Meisenknödel
Die Blaumeise am Meisenknödel, im Hintergrund wartet die Kohlmeise

Die Amsel

Wir genießen den Gesang der Amsel (Turdus merula) am Morgen (verschlafen ihn aber auch oft genug) und am Abend, wenn sie auf dem Dachgiebel sitzt und ihre frohe Melodie hinauspiept. Leider hatten wir bald nach dem Einzug eine tote Amsel zu beklagen, die in Panik vor einer Katze floh und gegen ein Fenster prallte. Im Winter verfolgen wir die Lernkurve der Amsel, die zu Beginn der Vogelfütterung häufig den Boden unter dem Futterbehältnis nach Körnern absucht, es dann aber schaffte, den Meisenknödel anzufliegen und sich ihre Nahrung zu verschaffen.

Die Beatles sangen vom „Blackbird“ (und stellten den Vogel sinnbildlich für eine diskrimierte afro-amerikanische Frau in den USA), Kate Bush lässt auf ihrem Album „Aerial“ eine Amsel singen, der französische Komponist Olivier Messiaen widmete der Amsel ein Kammermusikstück und der verstorbene Jeff Beck imitiert auf seiner E-Gitarre meisterhaft ihren Gesang (Blackbird).
Amsel auf einem Stein
Die Amsel holt sich im Winter ihren Teil des Meisenknödels meist vom Boden

Der Eichelhäher

Der Eichelhäher (Garrulus glandarius) ist unbestritten der Erste am Platz, hierarchisch. Auch der Buntspecht räumt das Feld, wenn der Rabenvogel etwas unbeholfen anfliegt. Im Ahorn angekommen, springt er leichtfüßig auf den Zweig, der der Futterstelle am nächsten ist und pickt sich dann – stets sehr wachsam bleibend – die dicksten Brocken heraus. Bis zu zehn Eicheln kann der Häher in seinem Kropf transportieren.

Die Vögel gelten als Warnvogel, so sieht man sie im Wald beim Wandern auch eine Zeitlang immer wieder vorausfliegen. Eichelhäher praktizieren, wie die Rotkehlchen auch, das „Einemsen“. Dazu baden sie auf einem Ameisenhügel in der Ameisensäure, die von den alarmierten Ameisen verspritzt wird. Der Zweck ist möglicherweise die Reinigung des Gefieders von Parasiten.

Eichelhäher sitzt auf einem Zweig vor einem Meisenknödel-Spender
Der Eichelhäher verschmäht im Winter die Meisenknödel nicht

Der Buchfink

Er gehört zu den häufigsten Vogelarten in Deutschland und doch habe ich den Buchfink (Fringilla coelebs) hier in Oberkochen zum ersten Mal „richtig“ sehen können. Er hält sich meist am Boden auf, pickt dort die Körner auf, die die anderen Vögel fallen lassen. Zu den anderen Jahreszeiten gilt sein Interesse Kleininsekten, dann kämmen einige Buchfinken zusammen die Wiese nach Nahrung ab… Im Foto sieht man ein Männchen, dessen fast blaues „Käppi“ im Winter eher graubraun gefärbt ist.

Vogel sitzt auf einem Ast
Buchfunk im Garten